Podium zur Kulturpolitik

Bündnis für Lebenswerte Ortschaften

Podium zur Kulturpolitik

11. April 2019 Allgemein 0

Stellungnahme zur Ulmer Kulturpolitik

Heute fand im Alten Theater eine Podiumsdiskussion zum Thema Kulturpolitik statt. Leider durfte kein Vertreter von BLO mitreden, aber als Ulmer Bürger*Innen haben wir hier natürlich auch eine Meinung. Wer uns wählen möchte, soll natürlich wissen, was sie bzw. er da bekommt. Ergänzend zu dem, was schon in unserem Wahlprogramm steht:

Sollen zentrale Kultureinrichtungen wie das Theater und das Museum für viele Millionen Euro in einen Zustand gebracht werden, der nicht nur den Status Quo zementiert, sondern die Einrichtungen stärkt und in einem schwieriger werdenden Umfeld konkurrenzfähig macht?

BLO: klares ja – die Konsequenz eines „nein“ wäre ja, dass die Einrichtungen langfristig nicht mehr gehalten werden können und wer kann das schon wollen? Aber: nicht ohne Priorisierung und Planung und Einbettung in größere Rahmenpläne. In der Stadt gibt es viele Aufgaben und wir können nicht alles gleichzeitig stemmen UND wir können nicht heute dies und morgen wieder das fordern und fördern. BLO steht für demokratische Beschlüsse und festhalten an einer beschlossenen, nachhaltigen Zielsetzung. Sind Theater und Museum wichtiger als die Sanierung von Brücken und Schulen? Unserer Ansicht nach nicht. Sind sie wichtiger als die Sanierung der Fußgängerzone oder eine Seilbahn: darüber kann man reden!

Werden die freien Kulturschaffenden ausreichend gefördert?

BLO: die Szene in Ulm ist lebendig und vielfältig. Verglichen mit der Situation vor 20 Jahren ist heute schon extrem viel los – manche Events machen sich ja schon gegenseitig Konkurrenz. Mehr geht immer, aber das Niveau in Ulm ist schon ganz gut – wir würden uns bemühen, dieses zu halten. Vor allem liegt uns natürlich die lebendige Szene der Kulturschaffenden in den Ortschaften am Herzen – aber nicht nur. Insgesamt hat die Stadt die Aufgabe, gute Rahmenbedingungen zu schaffen (Förderung, Räumlichkeiten, Bewerbungsmöglichkeiten) – Initiative und Ideen dazu müssen von den Schaffenden kommen.

Brauchen wir mehr sehr weit wirksame Großereignisse?

BLO: nö. Sind nicht nachhaltig und machen nur den etablierten lokalen Initiativen Konkrurrenz.

Was soll man mit der Wilhelmsburg machen?

BLO: wie isst man einen Elefanten? Bissen für Bissen! Die Burg hat ein gewaltiges Potential und die Zeit ist reif, dieses zu erschliessen. Geht halt eben nur Stück für Stück. Am Ende der Reise sollte auf jeden Fall eine vielfältige Nutzung stehen als Platz für Events, als Stätte für Begegnung und Kreativität, aber auch als Museum und Ort der Erinnerung und Aufklärung, zum Beispiel zum Thema Fluchtursachen und Migration (immerhin wohnten dort nach Kriegsende ja lange Zeit viele Flüchtlinge). Genug Platz hat’s ja.

Müssen wir uns mehr um Einstein und den Löwenmenschen bemühen, um die Bedeutung Ulms herauszustellen?

BLO: Löwenmensch ist Weltkulturerbe, wurde bisher zuwenig daraus gemacht. Das braucht aber Unterstützung seitens Museum. Der Museumsumbau bietet da eine Chance, wir von BLO vermissen hier aber auch Ansätze, in denen Kunst, Geschichte und Wissenschaft spielerischer und erlebnisorientierter vermittelt werden – einfach nur Dinge in Vitrinen auszustellen, ist nicht mehr zeitgemäß. Warum zum Beispiel nicht eine Stadtführung mit Augmented Reality-Brillen? Hier bekommt der Gast eine komplette Zeitreise vorgeführt, und da ist es nicht mehr ganz so schlimm, dass die Kellergewölbe von Einsteins Geburtshaus nicht mehr stehen. Ich bin zwar Naturwissenschaftler, aber persönlich finde ich übrigens die Geschwister Scholl als Ulmer Persönlichkeiten noch viel beeindruckender als Einstein…

Können wir mit der ewigen Erinnerungskultur mal abschließen?

BLO: leider nein. Es kann gar nicht genug Stolpersteine geben. Niemand verbietet uns, dass wir uns auch die positiven Aspekte unserer Geschichte erinnern, aber die Mahnungen daran, wohin Hass, Ausgrenzung und übersteigerter Populismus führen können, brauchen wir heute mehr denn je.